27 Aug

GEMEINSAM

Menschen mit psychischer Erkrankung sind Teil der Gesellschaft und können, wollen und sollen diese mitgestalten. Dies gelingt nicht immer. Wieso das so ist, was wir alle dafür tun können und welche aktuellen Hilfe-, Behandlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten es gibt, rückt der Landespsychiatrietag 2018 in den Fokus.

Dass der Landespsychiatrietag von Psychiatrie- Erfahrenen, Angehörigen, Bürgerhelfern und professionellen Helfern durchgeführt wird, soll ein Signal senden, wie es geht: Gemeinsam.

NEU: Der Landespsychiatrietag 2018 ist bei der Landespsychotherapeutenkammer zertifiziert und voraussichtlich können 6 Fortbildungspunkte erworben werden (für Mitglieder der Psychotherapeuten- und der Ärztekammer).

Vollständige Tagungsunterlage als PDF

Gemeinsam etwas bewegen

Am 21. Juli 2018 fand im Hospitalhof in Stuttgart der 5. Landespsychiatrietag (LPT) statt. Die größte Psychiatrie-Fachveranstaltung Baden-Württembergs war mit 530 registrierten Besuchern ein voller Erfolg. Vor allem Betroffene und deren Angehörige waren der Einladung nachgekommen. Doch auch Psychiater, Ärzte und Pflegepersonal waren zahlreich vertreten. Das diesjährige Motto „Gemeinsam“ wurde somit konsequent umgesetzt. Neben interessanten Fachvorträgen, Diskussionsrunden und Forenarbeit stand die Verleihung des Kunstpreises „so gesehen“ auf dem Programm.

Der Landespsychiatrietag hat das Ziel, Menschen mit psychischen Erkrankungen besser in die Gesellschaft zu integrieren. Er bietet Betroffenen und deren Angehörigen sowie professionellen Helfern die Möglichkeit, sich zu informieren und auszutauschen. Eines der Highlights der diesjährigen Veranstaltung war der Vortrag von Dr. Elke Prestin, die zum Thema „Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung als Teil der Gesellschaft“ referierte. Sie legte darin dar, unter welchen Voraussetzungen Inklusion gelingen kann und welche Chancen die Einbeziehung psychisch Erkrankter uns allen eröffnet. Frau Dr. Prestins Anliegen ist es, hinsichtlich des Umgangs mit Krankheit einen Wandel in der Gesellschaft herbeizuführen. An den darauf folgenden Diskussionsrunden und Foren beteiligten sich die Besucher mit regem Interesse. Moderiert wurde die Veranstaltung von Ralph Erdenberger (WDR). Für angenehme Unterhaltung sorgten The Jazz Duo aus Freiburg und die Ravensburger Theatergruppe companie paradox. Ein weiterer kultureller Höhepunkt war die Verleihung des Kunstpreises „so gesehen“. An dem Wettbewerb hatten sich ca. 300 Künstler mit Psychiatrieerfahrung beteiligt. Die ersten drei Preise gingen an Helene Beitler, Iris Range und Sandra Dullenkopf. Alle 50 prämierten Werke sind im Rahmen einer Wanderausstellung zu sehen. Das Haus der katholischen Kirche Stuttgart beherbergt diese noch bis zum 11. September 2018, danach macht sie bis einschließlich August 2019 in vielen weiteren Städten Baden-Württembergs Station.

Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft von Manfred Lucha, MdL, Minister für Soziales und Integration Baden-Württemberg.

Begrüssungsrede von Frau Mathea Schneider als Audio

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Alle vorliegenden Zusammenfassungen sind in den jeweiligen Foren eingestellt. Hinweis: Leider liegen nicht für alle Workshops Unterlagen vor.

Am 1. Januar 2015 trat das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) in Kraft.

Nach mittlerweile drei Jahren stellt sich die Frage, inwieweit der Umsetzungsprozess fortgeschritten ist, welche Veränderungen und insbesondere Verbesserungen in der Praxis bislang bewirkt wurden und wo sich noch Handlungsbedarf abzeichnet.

Im Impulsreferat von Frau Dr. Claudia Steinmetz und Herrn Dr. Hans-Joachim Weitz aus dem Ministerium für Soziales und Integration werden die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Landtagsbericht zu den Auswirkungen des PsychKHG und dem neuen Landespsychiatrieplan zusammenfassend vorgestellt.

Zwei Kurzstatements seitens der Vertreter der Betroffenen (NN) und der Angehörigen Herrn Alfred Ehret sollen die anschließende Gesprächsrunde einleiten, in der die Teilnehmer des Forums aufgefordert sind, die ihnen wichtigen Aspekte anzusprechen und in eine konstruktiv-kritische Diskussion einzubringen.

 

ReferentInnen

Dr. Claudia Steinmetz
Referat „Psychiatrie, Sucht“ im Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg

Dr. Hans-Joachim Weitz
Ombudsstelle nach § 10 PsychKHG

Dr. Gerd Döring
Landesarbeitsgemeinschaft Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle, Patientenfürsprecher

Alfred Ehret
Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.

Bernhard Dollerschell
Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg e. V.

 

Moderation

Regine Grill
Landesarbeitsgemeinschaft Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle, Patientenfürsprecher

Förderliche und hinderliche Wirkungen von Genesungsbegleitung werden praxisnah aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick genommen. Erfüllen sich die Erwartungen? Wer profitiert?

Schaut man auf die letzten 5 – 10 Jahre, so scheint EX-IN eine innovative Erfolgsgeschichte zu sein. Immer mehr Kursangebote in neuen Regionen; Organisation der EX-IN-Bewegung auf Bundes- und Länderebene, Tagungen, Veröffentlichungen in Büchern und Fachzeitschriften, wachsende öffentlich Aufmerksamkeit.

Jetzt muss sich in der Praxis erweisen, was die wohlwollenden Worte und die Bekenntnisse zum erforderlichen Einsatz von Peers in der psychiatrischen Versorgung wert sind? Haben sie tatsächlich eine Wirkung auf das psychiatrische Gesundheitssystem? Vor welchen Schwierigkeiten stehen die Beteiligten ganz konkret, wenn versucht wird, mit der EX-IN-Qualifizierungsmaßnahme, die EX-IN-Idee in die Praxis umzusetzen? Und ist das Finden einer Anstellung tatsächlich die erfolgreiche Zielerreichung, oder erst der Beginn ganz neuer Herausforderungen?

Die Frage, wie geht es weiter nach der Qualifizierungsmaßnahme, steht deshalb im Mittelpunkt dieses Forums.

  • Welche Arbeitsmöglichkeiten gibt es tatsächlich in der Praxis?
  • Welche Vorbehalte haben Arbeitgeber? Und wie erleben Sie dann die tatsächliche Zusammenarbeit?
  • Welche Erfahrungen machen die Peers in dem für sie neuen Arbeitsumfeld?
  • Wie sehen die KollegInnen die Mitarbeit der Peers? Wie schwierig war die kulturelle Umstellung? Und vor allem: Welche Erfolge hält der neue Berufsalltag bereit?

Deshalb kommen hier berufserfahrene Genesungsbegleiter zu Wort. Aber auch deren KlientInnen und KollegInnen berichten von der speziellen Betreuungssituation. Und wir wollen auch Arbeitgeber und Vertreter von Kostenträgern nach ihren Unterstützungsmöglichkeiten und ihren eventuellen Schwierigkeiten mit EX-IN und Genesungsbegleitung fragen.

 

ReferentInnen

Ulrich Strohhäcker
Rudolf-Sophien-Stift, Genesungsbegleiter Evangelische Gesellschaft Stuttgart

Joachim Schittenhelm
Evangelische Gesellschaft Stuttgart, Gemeindepsychiatrisches Zentrum Stuttgart-Birkach

Podium

Friedrich Walburg
Evangelische Gesellschaft Stuttgart

Tone Wibe Ruf
SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach, Genesungsbegleiterin

Andrea Siegler
Patientin

Boris Rothmann-Heidenreich
SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach

Rainer Höflacher
EX-IN Baden-Württemberg, EX-IN Trainer

 

Moderation

Sylvia Fahr-Armbruster

Systemische Therapeutin, Supervisorin und Dozentin

Die Förderung von Selbst-Verantwortung und Selbst-Hilfe ist eine übergeordnete Aufgabe jeglicher Form von psychiatrischer Arbeit – das wird niemand bestreiten. Im Alltag steht das freilich in einem Spannungsverhältnis zur Eigenlogik und Eigendynamik von Institutionen, etwa der Tendenz zur Standardisierung, der Erwartung von Anpassung an ein vorgegebenes Programm etc.. Wirkliche Partizipation von Psychiatrie-Erfahrenen und von Angehörigen im Alltag von Behandlung bzw. Begleitung umzusetzen ist eine dauernde Herausforderung für die Einrichtungen und die dort tätigen Fachkräfte.  Das bezieht sich

  • auf die konkrete individuelle Ausgestaltung von Behandlung und Begleitung im Einzelfall: Behandlungsplanung („Verhandeln statt Behandeln“), Einbeziehung der Angehörigen, Berücksichtigung von Vorausverfügungen, Angebot von Behandlungsvereinbarungen, Gestaltung von Entlassmanagement und Hilfeplanung;
  • auf die Gestaltung des Zusammenlebens, der Angebote und Aktivitäten auf der Station, im Wohnheim, im Gemeindepsychiatrischen Zentrum.

Die Entwicklung einer partizipativen Einrichtungskultur hat dabei zwei Ebenen zu berücksichtigen:

  • es geht um die Klärung und Beachtung von partizipativen Rechten bei der Gestaltung von Behandlung bzw. Begleitung im Rahmen gemeindepsychiatrischer Hilfen;
  • und es geht darüberhinaus darum, aktiv Anreize zu schaffen und Angebote zu machen für Mitgestaltung und Mitwirkung.

Vor diesem Hintergrund soll in diesem Forum die Partizipation von Psychiatrie-Erfahrenen und Angehörigen diskutiert werden auf der Grundlage von zwei Erfahrungsberichten:

  • Erfahrungen aus einem Gemeindepsychiatrischen Zentrum

Am Beispiel des Gemeindepsychiatrischen Zentrums Stuttgart-Möhringen wird der Weg hin zu einer partizipativen Einrichtungskultur aus unterschiedlichen Ebenen und Blickwinkeln beschrieben.  Was brachte die Einrichtung auf den Weg? Woran können wir partizipative Veränderungsbewegungen erkennen? Wo liegen die Stolpersteine, die überwunden werden möchten? Vom Partizipationsweg Betroffene (Mitarbeitende, NutzerInnen) berichten über die konkreten Umsetzungsschritte und beleuchten dabei auch die lehrreichen Fallstricke.

Das Gemeindepsychiatrische Zentrum Stuttgart-Möhringen wirkt bei der Erstellung eines „Index für Partizipation“ durch den Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe (BeB) mit. Der „Index für Partizipation“ wird im Rahmen eines deutschlandweiten Projektes in einer fünfjährigen Projektphase erarbeitet.

 

  • Erfahrungen aus einer Psychiatrischen Klinik
    Aus den Erfahrungen des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden in Wiesloch wird berichtet über die Umsetzung einer Partizipationskultur im klinischen Alltag. Schwerpunkte werden dabei sein
  • der Umgang mit Patientenverfügungen und Behandlungsvereinbarungen
  • der Einsatz von Peer-Beratern als Genesungsbegleitern.

Der Ablauf ist so gedacht, dass es zu den beiden Schwerpunkten jeweils einen Impulsvortrag (ca. 20 – max. 30 Min) geben wird und dazu dann jeweils Raum zur Diskussion.

Referenten

Birgit Claaßen
Antonia Kovacevic
Hans Moch
Corinna Scharf
David De Schirin
Tatjana Schön
Vincenzo Terrasi
Petra Winzig
Kirsten Wolf
Mitarbeitende und NutzerInnen des Gemeindepsychiatrischen Zentrums Stuttgart-Möhringen

Prof. Dr. Markus Schwarz
Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I am Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in Wiesloch

Moderation

Georg Schulte-Kemna
Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle Stuttgart, Patientenfürsprecher

Zwei Impulsbeiträge von Experten werden in verständlicher Form einerseits die Durchführung von Psychotherapie bei Psychosen darstellen und dann die Auswirkungen neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen. Ergänzt werden diese Beiträge durch Beiträge/Erfahrungen von Betroffenen und Angehörigen. Abschließend soll genügend Zeit für Diskussion und weiteren Austausch bleiben.

Zur aktuellen Situation:
Bis Oktober 2014 wurden akut psychotische Patienten in den Psychotherapierichtlinien des GBA von der Indikation für eine ambulante Psychotherapie generell ausgeschlossen. Eine Psychotherapie-Indikation war nur dann für die nachstationäre Behandlung zugelassen, wenn eine psychische Begleit-, Folge- oder Residualsymptomatik einer psychotischen Erkrankung festgestellt wurde.

Seit dieser Richtlinienänderung ist Psychotherapie bei Psychosen zwar möglich und als ambulante Leistung abrechenbar, dennoch besteht nach wie vor bei Betroffenen und deren Angehörigen erhebliche Skepsis. Erschwerend hinzu kommt, dass der Zugang zur ambulanten Psychotherapie dringender Verbesserungen bedarf, denn man hat trotz Sprechstunde usw. weiterhin mit erheblichen Wartezeiten generell zu rechnen, zusätzlich ist die Zahl der PsychotherapeutInnen die entsprechend qualifiziert sind und sich eine ambulante Psychotherapie deshalb zutrauen begrenzt.

Zu den Beiträgen:
Einführend soll in einem Impulsvortrag von Prof. Dr. Stefan Klingberg, Univ. Tübingen vorgestellt werden, wie eine solche Psychosenpsychotherapie in der Praxis konkret aussieht und für wen sie indiziert wäre. Prof. Klingberg hat mit seiner Arbeitsgruppe den in den neuen Behandlungsleitlinien empfohlenen Ansatz einer kognitiven Verhaltenstherapie bei Psychosen seit Jahren weiterentwickelt und auch im ambulanten Setting erprobt und beforscht. Betroffene mit Psychotherapieerfahrung und Angehörige sollen bei der Präsentation dabei einbezogen werden.

Danach wird Achim Dochat sich der seit 1. April 2017 in Kraft getretenen umfassenden Reform der Psychotherapierichtlinien zuwenden zur Frage, ob diese Richtlinien Verbesserungen/Erleichterungen des Zugangs zur Psychotherapie für Menschen mit psychotischen Störungen erwarten lassen und wie eine bessere Verbindung mit gemeindepsychiatrischen vernetzten Angeboten gelingen kann.

In der abschließenden Diskussion soll Zeit bleiben für entstandene Fragen und Austausch zu eigenen Erfahrungen mit diesen neuen Entwicklungen.

 

ReferentInnen

Prof. Dr. Stefan Klingberg
Universitätskliniken Tübingen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Achim Dochat
Landesverband Gemeindepsychiatrie Baden-Württemberg e. V.

Bärbel Nopper
Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg e. V.

Heinz Gebhard
Angehöriger

Wilhelm Krauspe
Angehöriger

 

Moderation

Dr. Roland Straub
Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg

Wohnen ist wahrscheinlich für alle Menschen ein wesentlicher Faktor für Wohlbefinden und psychische Stabilität. Viele Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung wohnen in ambulant oder stationär betreuten Wohnformen, um im Alltag Unterstützung zu erfahren.  Wie wirkt sich diese professionelle Unterstützung auf das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen aus? Was wirkt da überhaupt? Welche Erwartungen haben alle Beteiligten? Werden diese getroffen und wenn nicht, warum? Kann die Forschung einen Beitrag zur Klärung dieser Fragen leisten und wenn, dann welchen?

In diesem Forum möchten wir uns, auch gestützt auf die Erfahrungen und Interessen der Forumsteilnehmenden, aus verschiedenen Perspektiven mit den Auswirkungen unterstützter Wohnformen auseinandersetzen. Mit Impulsvorträgen aus Sicht der NutzerInnen und Angehörigen sowie der Schilderung eines aktuell laufenden Forschungsvorhabens zum Thema Wirksamkeit unterstützter Wohnformen werden ins Thema einsteigen. Anschließend freuen wir uns auf einen lebendigen Austausch im Forum. Welche Fragen und Interessen beschäftigen die Teilnehmenden in Bezug auf die Wirkung unterstützter Wohnformen? Und auf welche Fragestellungen sollte praxisorientierte Forschung Antworten finden?

 

ReferentInnen

Sönke Abels
Initiative Psychiatrie-Erfahrener im Landkreis Ravensburg e. V. (IPERA e. V.)

Dr. Susanne Jaeger
ZfP Südwürttemberg/Universitätsklinikum Ulm

 

Moderation

Heike Petereit-Zipfel
Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.

„Arbeit und psychische Erkrankung – passen zusammen!“

Impulsvortrag und Diskussion zu Erkenntnissen aus der psychiatrischen Behandlung und Rehabilitation über Zusammenhänge zwischen psychischen Erkrankungen, Behandlungs- und Rehabilitationsmethoden und den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Vertreter Psychiatrieerfahrener und Angehörige diskutieren ihre Erfahrungen mit psychiatrischer Rehabilitation und ihre Erwartungen an eine Integration auf dem Arbeitsmarkt.

Programmablauf

Wohin entwickelt sich psychiatrische Rehabilitation – Sinn und Unsinn von Integrationsmaßnahmen und Bemühungen

 

Prof. Dr. Matthias Weisbrod
Chefarzt der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie des SRH-Klinikums Karlsbad-Langensteinbach

 

Integration in Arbeit als Modell – Reflexion aus der Sicht einer Psychiatrieerfahrenen

Frau Catharina Flader
SRH RPK Karlsbad-Langensteinbach, EX-IN Genesungsbegleiterin

Erwartungen und Fragen eines Angehörigen und Arbeitgebers zur beruflichen Integration

Andreas Ruf
Angehöriger

Moderation:
Dr. Gustav Wirtz
SRH RPK Karlsbad-Langensteinbach
Ärztlicher Verband Krankenhauspsychiatrie Baden-Württemberg e. V.

 

Zusammenfassung

Die Auswirkungen psychischer Erkrankungen auf den Arbeitsmarkt und auf die individuelle berufliche Leistungsfähigkeit und Entwicklung werden in der öffentlichen Diskussion, aber auch anhand von Arbeitsunfähigkeitszeiten und der Zunahme von Erwerbsminderungsrenten bei Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Öffentlichkeit immer offener, teilweise aber auch sehr kontrovers diskutiert. Häufig entsteht der Eindruck eines regelrechten „Dschungels“ unterschiedlicher psychiatrischer Rehabilitations- und Integrationsangebote und die Grenzen und Beurteilungskriterien wie auch die Sinnhaftigkeit unterschiedlicher Maßnahmen drohen zu verschwimmen. Pointiert wird die aktuelle Diskussion durch eine häufig wiederkehrende Kontroverse zwischen Maßnahmen, die am Arbeitsplatz oder in Arbeit trainieren sollen (First Place – Then Train) und Maßnahmen, die erst trainieren und vorbereiten, um dann die Arbeitsintegration zu begleiten (First Train – Then Place). Professor Dr. Weisbrod, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des SRH Klinikums Karlsbad Langensteinbach führt vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Erfahrung in der Begleitung von Menschen aus der Akutpsychiatrie in die berufliche Rehabilitation und zurück auf den Arbeitsmarkt über die Vielfalt, Möglichkeiten auch Fallstricke beruflicher Rehabilitation und geht der Frage nach, welcher Weg kann in welcher Situation der Richtige zurück in Arbeit sein.

 

Im Anschluss haben Menschen mit psychischen Erkrankungen, Angehörige, aber auch ein Arbeitgebervertreter Gelegenheit, ihre Erwartungen an Rehabilitationsmaßnahmen und die Begleitung auf dem Weg zur Integration in Arbeit zu formulieren. Hierzu werden jeweils ein Vertreter bzw. eine Vertreterin dieser Gruppen ein entsprechendes Statement abgeben, in dem es um unterschiedliche Fragen zur Wiedererlangung von Arbeitsfähigkeit, unterschiedlichen Arbeitsperspektiven, Bedeutung von Arbeit, Würde psychisch kranker Menschen in der beruflichen Tätigkeit und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten gehen kann. Im weiteren Fortgang wird dann die Diskussion im Forum eröffnet, wobei sowohl Fragen wie auch Diskussionsbeiträge erwünscht sind.

 

ReferentInnen

Prof. Dr. Matthias Weisbrod
Chefarzt der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie des SRH-Klinikums Karlsbad-Langensteinbach

Frau Catharina Flader
SRH RPK Karlsbad-Langensteinbach, EX-IN Genesungsbegleiterin

Andreas Ruf
Angehöriger

 

Moderation

Dr. Gustav Wirtz
SRH RPK Karlsbad-Langensteinbach
Ärztlicher Verband Krankenhauspsychiatrie Baden-Württemberg e. V.


Obwohl in den letzten Jahrzehnten immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse zu psychischen Erkrankungen gewonnen werden konnten, haben sich die Behandlungsoptionen vor allem bei der Schizophrenie nur wenig weiterentwickelt. Neue Ansätze jenseits der „klassischen“ Therapie mit Antipsychotika gewinnen daher zunehmend an Bedeutung, insbesondere in der Prävention und Früherkennung psychotischer Störungen. Dies soll in diesem Forum unter trialogischer Perspektive diskutiert werden.

Programmablauf

Mit ESPRIT in eine bessere Zukunft? Hintergründe und erste Erfahrungen eines Forschungsprojekts zu neuen Behandlungen bei der Schizophrenie

PD Dr. Dusan Hirjak
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Was es wirklich bedeutet, Versuchsperson bei einer wissenschaftlichen Studie zu sein

Ines Ackermann
Psychiatrie-Erfahrene, Neustadt/Weinstraße

Erwartungen und Fragen von Angehörigen an die psychiatrische Forschung

Ewald Gauß
Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.

Fragen und Diskussion

Zusammenfassung
Im Forum „Train the Brain“ werden vor allem wissenschaftliche Aspekte in der Behandlung psychischer Erkrankungen angesprochen. Dazu informiert zunächst Privatdozent Dr. Dusan Hirjak vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim über die sogenannte ESPRIT-Studie, in der über neuen Ansätzen in der Behandlung schizophrener Psychosen geforscht wird.

ESPRIT (Enhancing Schizophrenia Prevention and Recovery through Innovative Treatments) ist eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte wissenschaftliche Studie, mit der unter Federführung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit drei Ziele verfolgt werden:

  1. Erforschung neuer Präventions- und Behandlungsansätze bei der Schizophrenie
  2. Verbesserung des Genesungsprozesses im Anschluss an eine (erste) Behandlung
  3. Überprüfung neuer Behandlungsansätze auf ihre Einsatzmöglichkeit im Versorgungsalltag

Hierfür kommen neben der üblichen medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung unterschiedliche Therapieverfahren zur Anwendung. Unter anderem geht es dabei um die Wirksamkeit von Sport- und Bewegungstherapie oder um den Einsatz von Cannabidiol als Zusatzmedikament zur Unterstützung der Wiederherstellung der psychischen Gesundheit.

Im Anschluss an den wissenschaftlichen Beitrag wird dann Frau Ines Ackermann über ihre eigenen Erlebnisse als Probandin an wissenschaftlichen Studien berichten. Dabei soll es vor allem darum gehen, Vorurteile zu Forschungsprojekten auszuräumen und aus erster Hand einen realistischen Blick darauf zu gewinnen, was eine Versuchsperson bei der Teilnahme an einem Forschungsprojekt erwartet.

Abgerundet wird das Forum durch Herrn Ewald Gauß, der als fachkundiger Angehöriger seine Erwartungen an die psychiatrische Forschung formulieren wird. Die sich daraus ergebenen Fragen sollen dann von den Referenten gemeinsam mit den Zuhörern diskutiert werden.

 

ReferentInnen

PD Dr. Dusan Hirjak
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Ines Ackermann
Psychiatrie-Erfahrene, Neustadt/Weinstraße

Ewald Gauß
Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.

 

Moderation


Dr. Jens Bullenkamp
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Seit Jahren wird Hometreatment unter den Akteuren der Sozialpsychiatrie, professionell Tätigen wie den Selbsthilfeorganisationen intensiv diskutiert und befürwortet. Es geht dabei um inhaltliche, fachliche, strukturelle, organisatorische und finanzierungsrechtliche Fragen und Themen. Und nicht immer wird unter Hometreatment das Gleiche verstanden, was nicht selten auch Verwirrung stiftet. Gleichzeitig gibt es vielversprechende praktische Erfahrungen in der BRD. Und doch findet keine breitflächige Ausweitung von Hometreatment statt, gleichwohl die positive Wirksamkeit zwischenzeitlich belegt ist.

Einen Aufschwung für die praktische Arbeit könnte die neu geschaffene gesetzliche Grundlage im PsychVVG § 39 mit dem Paragrafen zur Einrichtung und Implementierung „stationsäquivalenter Behandlung (Stäb)“ mit sich bringen. Dies bedeutet zunächst: Krankenhausbehandlung zuhause.

Im Forum werden/wollen wir den Zusammenhang von „Krankenhausbehandlung zuhause“ und Sozialraumorientierung in den Mittelpunkt stellen. Jenseits finanzierungsrechtlicher und anderer Aspekte und Gesichtspunkte wollen wir der Frage nachgehen, wie „Behandlung zuhause“ Alltags- und Lebenswelt orientiert umgesetzt werden kann, d.h. bestimmt durch die Abläufe und Gegebenheiten der Betroffenen in ihrer Lebenswelt, in ihrer Umgebung, in ihrem Alltag (Sozialraum) und nicht über und durch die Logik und die institutionellen Abläufe eines Klinikbetriebs. Wie können und sollen die ambulant arbeitenden Bausteine des gemeindepsychiatrischen Verbundes mit in die „Stationsäquivalente Behandlung zuhause“ vernetzt und strukturell eingebunden werden.

Unter dieser Vorgabe werden Psychiatrie Erfahrene, Angehörige, die Klinik und der ambulante Bereich aus ihrem jeweiligen Blickwinkel der Erwartung nachgehen, wie „Krankenhausbehandlung zuhause“ niederschwellig und Alltags- und Lebenswelt orientiert umgesetzt werden kann.

Frau Mechelke und ein Vertreter des Landesverbandes der Psychiatrie Erfahrenen Baden-Württemberg werden die Bedürfnisse und Erwartungen der Psychiatrie Erfahrenen und Angehörigen vertreten, Dr. Snellgrove (Oberarzt im ZfP Weissenau) werden die Thematik aus der Sicht der Klinik darstellen. Herr Georg Heßlinger vom SpDi Ravensburg wird die Sicht der ambulanten sozialpsychiatrischen Arbeit repräsentieren, die Perspektive, die am dichtesten und niederschwellig im Sozialraum der betroffenen Menschen und ihren Angehörigen arbeitet und präsent ist.

Der Ablauf ist wie folgt geplant: Die genannten Akteure werden nach einer kurzen Einführung von Dr. Klaus Obert mit einem Input beginnen, um anschließend noch genügend Zeit zum Austausch und zur Diskussion zur Verfügung zu haben.

 

 Moderation

Barbara Mechelke
Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.

Dr. Klaus Obert
Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e. V.
Landesverband Baden-Württemberg

Die Idee der ambulanten psychiatrischen Krisenbegleitung orientiert an der Methode des ‚Offenen Dialog‘ ist nicht ganz neu. Sie wird in Skandinavien, Großbritannien und den USA seit über 20 Jahren umgesetzt – in Deutschland bisher vor allem im Rahmen der integrierten Versorgung. Diese steht jedoch lediglich Menschen mit psychiatrischer Vorgeschichte und Mitgliedschaft in einer teilnehmenden Krankenkasse zu Verfügung.

In Freiburg arbeitet der Verein „ASK! – Außerstationäre Krisenbegleitung e.V.“ daran, ein Konzept zu realisieren, welches schon in den ersten Krisenerfahrungen, unabhängig von Diagnosen und Kontakt zu psychiatrischen Einrichtungen in Anspruch genommen werden kann.  Menschen in psychischen Krisen soll die Möglichkeit gegeben werden, auch außerhalb einer psychiatrischen Klinik durch die Begleitung eines trialogisch zusammengesetzten Teams entweder im eigenen Wohnumfeld oder in einer Krisenwohnung ihre Krisen zu durchleben und zu genesen.

Die drei konzeptionellen Säulen der ambulanten Krisenbegleitung:

  1. Anlaufstelle mit Krisentelefon, das rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche besetzt ist.
  2. Mobile Krisenteams, die bei Bedarf innerhalb von 24 Stunden vor Ort unterstützend und deeskalierend wirksam werden. Die systemisch arbeitenden Teams begleiten die von der Krise Betroffenen so lange und intensiv wie nötig unter Einbeziehung aller zur Verfügung stehenden Umfeldressourcen.
  3. Krisenwohnung als alltagsnaher Raum, der Ruhe, Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Orientiert am Bedarf der Betroffenen ist ein Wechsel zwischen Krisenwohnung und eigenem Zuhause flexibel möglich.

Das in allen Bereichen eingesetzte Team gewährleistet die personelle Kontinuität und die Flexibilität in der Begleitung. So entsteht die Möglichkeit, umgehend auf eine Krise zu reagieren und auf den individuellen Bedarf abgestimmt eine Vielzahl von Unterstützungsangeboten einzuleiten.

Methodik

Methodisch lehnt sich dieses Konzept an die in Finnland entwickelten Modelle des Need Adapted Treatment und des Offenen Dialogs an. Im Forum wird dieser Ansatz näher vor- und zur Diskussion gestellt.

 

ReferentInnen

Mirko Ološtiak-Brahms
ASK! – Außerstationäre Krisenbegleitung e.V., Genesungsbegleiter

Hildegard Strauss-Münzer
ASK! – Außerstationäre Krisenbegleitung e.V., Ärztin, Angehörige

 

Moderation

Michael Goetz-Kluth
ASK! – Außerstationäre Krisenbegleitung e.V.

Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (BTHG) hat bei allen Beteiligten vor allem Ängste und Befürchtungen ausgelöst. Das liegt unter anderem daran, dass es eine Kehrtwendung in der Sozialgesetzgebung einläutet und die Umsetzung vermutlich eine Genration dauern wird. Außerdem wird das Gesetz aufgrund der Initiative der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Jahr 2007 als Spargesetz diskreditiert. Tatsächlich versucht das Gesetz jedoch, die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. In dem ersten Staatenbericht hatte der Prüfungsausschuss unter anderem vermerkt, dass die Hilfen für Menschen mit Behinderungen noch sehr institutionell geprägt sind und damit die Selbstbestimmungsrechte zu wenig berücksichtigen.

Für die Betroffenen ergeben sich damit durch das BTHG völlig neue Perspektiven. Es beginnt mit dem Behinderungsbegriff. Nach § 2 Absatz 1 SGB IX n.F. gehören psychisch kranke Menschen, die langfristige körperliche, seelische geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können, zu dem leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe. Nach § 104 SGB IX ist einer Wohnform außerhalb von besonderen Wohnformen der Vorzug zu geben, wenn dies von der leistungsberechtigten Person gewünscht wird. Darüber hinaus bestimmt sie mit, in welcher Form die Unterstützung gestaltet werden soll. Die Leistungsform der Eingliederungshilfe wird die Assistenzleistung sein, bei der davon ausgegangen wird, dass die Befähigung der Leistungsberechtigten zu einer eigenständigen Lebensführung „auf Augenhöhe“ erfolgt.

Die Umsetzung des Gesetzes erfolgt jedoch in einem Umfeld, in dem Leistungsträger und Leistungsanbieter von einer institutionellen Tradition geprägt sind. Die sozialpsychiatrischen Hilfen waren an der Entwicklung von Bedarfsermittlungsinstrumenten und Leistungsvereinbarungen in Baden-Württemberg kaum beteiligt. Es wird auf die Beteiligung von Psychiatrie-Erfahrenen und ihrer Angehörigen ankommen, dass die Perspektive der Selbstbestimmung sich durchsetzt. In dem Forum soll diskutiert werden, welche Chancen das BTHG für psychisch beeinträchtigte Menschen konkret bietet.

 

Moderation

Dr. Michael Konrad
Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg

Der Titel „so gesehen“ steht für den individuellen Blick der Kunstschaffenden und der BetrachterInnen der ausgewählten Werke.

so gesehen …

… ist ein Kunstwettbewerb für psychiatrieerfahrene Kunstschaffende aus Baden-Württemberg.

… ist der Name des Kunstpreises, der 2018 zum vierten Mal im Rahmen des Landespsychiatrietages verliehen wird.

… heißt die darauffolgende Wanderausstellung und der Kunstkatalog.

 

Führung

PD Dr. phil. Thomas Röske
Universitätsklinikum Heidelberg, Sammlung Prinzhorn

Prof. Tobias Loemke,
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen
Hochschulstudiengänge Künstlerische Therapien